Schule gibt Starthilfe in den Beruf

JPH trifft Vereinbarungen mit Firmen

Die Johann-Peter-Hebel-Schule in Singen hat mit bisher zehn Betrieben eine neue Form zur Berufsorientierung vereinbart. Bei einem Tagespraktikum für ein halbes Jahr sollen sich Schüler und Firma kennenlernen. Im besten Fall finden die Jugendlichen einen Job und die Betriebe neue Auszubildende

 

Daumen hoch für das neue Projekt: An der Johann-Peter-Hebel-Schule in Singen freuen sich Schüler, Betriebe, Schulleitung, Lehrer und Berufsberater über die Einführung des halbjährigen Tagespraktikums. Im Klassenzimmer fand ein erstes Kennenlern-Treffen in lockerer Atmosphäre statt. Bild: Karin Zöller

Beim Thema Auto leuchten seine Augen: „Ich würde gerne in einer Kfz-Werkstatt arbeiten“, erklärt Dominik Casagrande. Er repariere auch sein Fahrrad selbst. Der 17-Jährige besucht die zehnte Klasse der Johann-Peter-Hebel-Schule in Singen und ist einer der zehn Schüler, die das neue Praktikumsangebot wahrnehmen.

Orientierungs- und Motivationslosigkeit bei Schülern rief die Lehrer auf den Plan: „Etliche wollen solange wie möglich in der Schule bleiben und haben Angst, den geschützten Raum zu verlassen“, stellt Daniela Wetz fest. Die Rektorin freut sich umso mehr über die Bereitschaft von Firmen, neue Wege mitzugehen. Michael Maurer hat in 20 Betrieben die Idee des Tagespraktikums für ein halbes Jahr vorgestellt. Zehn machen mit. „Es muss sich noch herumsprechen“, ist der Konrektor überzeugt, dass noch weitere Firmen die Vorteile erkennen werden. „Es ist eine Chance für alle Beteiligten“, sagt Michael Hoffmann von der Dekra. Für Firmen reiche eine Woche Praktikum oft nicht aus, um über eine Einstellung entscheiden zu können. Für Jugendliche sei es in dieser Praktikumsform ebenfalls besser, die passende Ausbildung zu finden.

Beim Projektstart geht es um ein erstes Kennenlernen: Einige Firmenvertreter stellen ihre Betriebe vor und reden in lockerer Runde mit den Jugendlichen. Danach finden Bewerbungsgespräche in separaten Räumen statt. Die Schüler sind sichtlich nervös. Der direkte Kontakt mit den Entscheidern ist eine neue Erfahrung für sie. „So etwas erfordert Mut von den Jugendlichen“, betont Karin Isele. Die Berufsberaterin der Agentur für Arbeit lobt die Aktion und das große Engagement der Hebel-Schule in Sachen Berufsorientierung. Gleichzeitig verweist sie auf die aktuelle Situation: „Es gibt mehr offene Stellen als Bewerber.“

Die Praktikumsaktion wird deshalb von Firmen genutzt, um Auszubildende zu finden. Christian Seitz erklärt: „Wir wollen jährlich zehn Auszubildende zum Einzelhandelskaufmann einstellen und erreichen diese Zahl nie“, bedauert der Geschäftsführer von Braun Möbel-Center. „Viele wollen samstags nicht arbeiten“, weiß Seitz. Elena Grögor kann diese Erfahrung nicht bestätigen. „Das ist bei uns kein Thema“, sagt die dm-Filialleiterin. Die Drogeriemarkt-Kette beschäftige viele Praktikanten und bilde Drogisten aus, erklärt sie. Die Praktikumsform der Hebel-Schule sei neu. „Aber wir haben sofort ja gesagt“, betont Elena Grögor.

 

Von rückläufigen Bewerberzahlen im Handwerk weiß Sven Schreijäck zu berichten. „Vor allem guter Nachwuchs fehlt“, betont der Serviceleiter von Gohm und Graf Hardenberg. In der Schule redet er mit zwei Bewerbern für ein Praktikum im Bereich Kfz-Mechatroniker. Helge-Manfred Jäckle ist schnell fündig geworden: Der Inhaber des Orthopädie-Fachgeschäftes hat die Praktikantenstelle für Orthopädietechnik besetzt. Auch für Leon Zuch ist es ein erfolgreicher Nachmittag: Der 14-jährige Schüler hat jetzt die Zusage für ein Praktikum bei Braun Möbel-Center als Fachkraft für Möbel-, Küchen- und Umzugsservice.

 

aus: Südkurier vom 18.02.2015